Vom Koppen bis zum Weben: Was hinter Verhaltensstörungen beim Pferd steckt

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Rennt dein Pferd auf der Weide nervös hin und her anstatt ruhig zu grasen? Oder reibt es auffällig oft seine Zähne ab? Solche Verhaltensweisen sind zunächst zwar kein Grund zur Sorge-treten sie jedoch öfter oder dauerhaft auf, können sie auf Stress oder Haltungsprobleme hinweisen. Daher sollten sie genauer beobachtet und gegebenenfalls behandelt werden, um das Wohlbefinden deines Pferdes zu gewährleisten.

Ursachen

Verhaltensauffälligkeiten entstehen bei Pferden häufig durch falsche Haltung oder unpassenden Umgang. Typische Ursachen sind:

  • fehlende Bewegung
  • mangelnde Beschäftigung
  • unzureichender Sozialkontakt mit weiteren Artgenossen
  • nicht artgerechte Haltung
  • lange Fresspausen
  • instabile Herdenstruktur
  • zu wenig Abwechslung im Alltag

Sie können dazu beitragen, dass sich unerwünschte Verhaltensmuster entwickeln.
Wenn Pferde nicht die Möglichkeit haben, über den Tag hinweg regelmäßig zu fressen – wie es in der Natur ihrem Verhalten entspricht –, kann das zu Unzufriedenheit, Stress und in weiterer Folge zu den im Folgenden angeführten Verhaltensstörungen führen.

Schon kleine Anpassungen in der Fütterung oder Haltung können dazu beitragen, Verhaltensauffälligkeiten zu verringern. Eine artgerechte Umgebung, wie beispielsweise ein Offenstall mit regelmäßigem Weidegang und sozialem Kontakt zu anderen Pferden, fördert das Wohlbefinden deutlich. Ebenso hilfreich ist es, über den Tag verteilt Raufutter bereitzustellen, damit das Pferd beschäftigt bleibt und kontinuierlich Zugang zu Futter hat. Auch halbhohe Trennwände anstatt von Gitterstangen ermöglichen bereits den Kontakt mit dem Boxnachbar. Zudem ermöglichen ein Fenster in der Box oder ein freier Paddock vor der Box ein Teilhaben an der Außenwelt sowie einen größeren und freieren Ausblick.

Koppen

Beim Koppen setzt das Pferd die Schneidezähne auf eine Oberfläche wie einen Zaun, Trog oder eine Mauer ab und schluckt dabei Luft. Dadurch entsteht ein röhrender Ton, der an Rülpsen erinnert. Dieses Verhalten kann Blähungen und Magenbeschwerden verursachen und die Schneidezähne stark abnutzen. Es gibt zwei Arten von Koppen:

  • Aufsatzkoppen: Hierbei werden die Schneidezähne abgenutzt und die Halsmuskulatur verstärkt.
  • Freikoppen: Dabei spannt das Pferd die Halsmuskulatur mit einer Kopfbewegung an, welche an Nicken erinnert.

Durch das Koppen bauen Pferde chronischen Stress ab, der beispielswiese durch zu geringe Bewegung, falsche Ernährung, Traumata, wenig Kontakt zu anderen Pferden oder eine nicht artgerechte Haltung entsteht. Ebenso kann es eine genetische Verlagerung geben.

Um das Verhalten zu reduzieren, sollten Haltungsbedingungen überprüft und Stressquellen minimiert werden. Ausreichender Weidegang, soziale Kontakte, freie Bewegung und konstante Futterverfügbarkeit (z. B. Raufutter in Kombination mit Kraftfutter) können helfen. Von Kopperriemen ist abzuraten, da sie zusätzlichen Stress erzeugen und das Verhalten nur unterdrücken, anstatt die Ursache zu beseitigen.

Weben

Beim Weben pendelt das Pferd den Hals von links nach rechts und wieder zurück und belastet dabei die Vorderbeine immer abwechselnd. Dieses Verhalten kann bei jeder Form von Abwechslung auftreten – etwa vor dem Füttern oder Putzen.

Auslöser sind meist mangelnde Abwechslung, zu enge Boxen, zu lange Fresspausen oder fehlender Kontakt zu Artgenossen. Diese Ursachen erzeugen Stress und können zum Weben führen.

Eine Offenstall- oder Gruppenhaltung mit mehr Bewegungsfreiheit und Sozialkontakt kann deutlich zur Verbesserung beitragen.

Boxenlauf

Beim Boxenlauf bewegt sich das Pferd wiederholt im Kreis innerhalb seiner Box. In dem begrenzten Raum kann es seinen natürlichen Bewegungsdrang nicht ausleben, wodurch sich überschüssige Energie aufstaut. Boxenlauf ist ein Ausdruck der Verzweiflung oder Not.

Die Hauptursache für Boxenlauf ist Bewegungsmangel, zu wenig sozialer Kontakt, zu wenig Auslauf, zu wenig Bewegung bei zu hoher Kraftfutterzugabe oder Raufuttermangel.

Auf lange Sicht gilt: Nur ausreichend Bewegung, Platz und ein stabiles Sozialgefüge ermöglichen es dem Pferd, seine natürlichen Bedürfnisse auszuleben und dauerhaft ausgeglichen zu bleiben.

Scharren

Scharren kann verschiedene Bedeutungen haben. Häufig ist es ein Zeichen für Ungeduld, Nervosität oder Bewegungsdrang – etwa, wenn das Pferd zu lange in der Box steht oder zu wenig Abwechslung hat. Auch Stress oder zu lange Fresspausen können eine Rolle spielen.
In manchen Situationen ist Scharren jedoch normales Verhalten, zum Beispiel beim Futtersuchen oder um den Boden vor dem Hinlegen zu überprüfen. Wird es allerdings zur Gewohnheit oder tritt gehäuft auf, sollte man die Ursache beobachten und gegebenenfalls die Haltung oder den Tagesablauf anpassen.

Patrick Tiefenbach

Expertentipp:

Beobachte dein Pferd aufmerksam im Alltag. Schon kleine Anpassungen in Haltung, Fütterung und Routine können Großes bewirken. Wenn du unsicher bist, ziehe eine Tierärztin oder einen Verhaltensexperten hinzu, um diese Probleme gezielt zu lösen.